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Massentourismus statt sanfter Tourismus?
Die Region Hesselberg hat sich in ihrem Leitbild aus guten Gründen die Förderung eines sanften Tourismus zum Ziel gesetzt und dafür auch beträchtliche Fördergelder erhalten. Ein Retortenprojekt im „grünen Wald", das keinerlei vorhandene Bausubstanz nutzt, das 150 ha geschlossenes Waldgebiet beansprucht, 800 Bungalows nebst subtropischer Badelandschaft, Einkaufszentrum etc. errichtet, hohen Wasser- und Energieverbrauch hat, 1 Mio. Übernachtungen jährlich anstrebt, erhebliche Verkehrsbelastungen bringt, Straßenbau-Folgeprojekte nach sich zieht, ökologisch hochwertige Bereiche entwertet usw., ist industrieller Tourismus. Das „Kapital Landschaft" ginge unwiederbringlich verloren und nähme dem Hesselbergraum viele Möglichkeiten verträglicher Entwicklung.
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Arbeitsplätze (auf Kosten der Natur?)
Center Parcs und die politischen Befürworter behaupten, dass in der Freizeitanlage 800 Arbeitsplätze entstehen würden, durch den Bau und den späteren Betrieb würden zusätzliche 800 Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft entstehen.
Auch wir verschließen uns selbstverständlich nicht dem Argument, dass ein solches Vorhaben zahlreiche Arbeitsplätze in den ländlichen Raum bringen würde - ganz im Gegenteil. Dafür muss aber nicht zwangsläufig eines der ökologisch hochwertigsten Gebiete im Landkreis geopfert werden! Wir verwahren uns entschieden gegen die Unterstellung „Naturschutz oder Arbeitsplätze?". Wir sagen: Arbeitsplatzschaffung ja - aber nicht auf Kosten der Natur. Wenn ein Konzern für eine derartige Investition wirtschaftlichen Sinn sieht, muss er sich dafür einen verträglicheren Standort suchen. Eine derartige Retortenanlage der Tourismusindustrie kann - wenn man sie tatsächlich braucht - auch an weniger sensiblen, vorbelasteten Standorten entstehen.
Im Übrigen befürchten wir, dass es sich bei der genannten Zahl von 800 Arbeitsplätzen um die bei solchen Großvorhaben üblichen Lockvogel-Angebote handelt. Bei genauem Hinsehen relativiert sich das Argument deutlich. Vergleiche mit ähnlichen Anlagen belegen, dass darin ein hoher Anteil Teilzeitarbeitsplätze, vorwiegend im Minijob-Bereich enthalten ist (siehe z. B. ......../verlinken auf Tabelle Bispingen). Auf Vollzeit hochgerechnet, dürften es allenfalls 250 - 400 werden. Der Anteil der Fachkraft-Arbeitsplätze, von denen eine Familie tatsächlich leben könnte, ist in der Minderzahl. Noch schlechter sieht es im höherwertigen Arbeitsplatzsegment mit Studienabschluss aus: Deren Zahl wäre derart gering, dass kaum ein Ingenieur oder Betriebswirt aus dem Hesselbergraum, der bislang auspendeln muss, hier einen Arbeitsplatz fände. Der Löwenanteil der Teilzeit- und Minijob-Arbeitsplätze würde zwangsläufig im Service- und Reinigungsbereich liegen. Letztere sind bei bisherigen Center Parcs ohnehin nicht direkt beim Betreiber, sondern bei externen Reinigungsfirmen angesiedelt. Lesen Sie hierzu auch unter dem Punkt "Presse". Nachdem Montag und Freitag die wesentlichen An- und Abreisetage (und damit Reinigungstage) sind, dürfte die Einsatzzeit auch sehr eingegrenzt sein.
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Wer profitiert beim Bau?
Die Betreiber geben die Investitionssumme mit 250 Mio. EUR an. Inzwischen wird selbst von diesen eingeräumt, dass beim Bau die regionale Wirtschaft nur minimal profitieren würde. Für die meisten Dinge hat Center Parcs hierfür Generalunternehmen - die Häuser kämen schlüsselfertig z. B. meistens von einem dänischen Fertighaushersteller. Wie groß bei derartigen Ausschreibungen der Preiskampf ist, wissen die hiesigen Unternehmen gut genug - meistens profitieren davon zu einem hohen Anteil überregionale Fremdfirmen, heimische Handwerker gehen häufig leer aus.
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Wer profitiert vom Betrieb?
Center Parcs hat ein innenorientiertes Betriebskonzept, ein sog. Indoor-Konzept. Das bedeutet, dass neben Übernachtung auch Verpflegung in diversen Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten, Kinderbetreuung und alle erdenklichen Freizeitmöglichkeiten angeboten werden. Damit sich die hohe Investitionssumme rasch amortisiert, hat Center Parcs das logische und legitime unternehmerische Ziel, dass der Umsatz der Gäste zu einem möglichst hohen Anteil innerhalb der Anlage gemacht wird. Der Erfolg ist gut: Etwa 80 % des Umsatzes werden innerhalb der Anlage gemacht. Allein dadurch ergibt sich, dass das heimische Gewerbe wie Gastronomie, Übernachtung, Einzelhandel usw. nicht profitieren kann.
Verstärkt wird dies durch das System des Kurzzeiturlaubs, das für über 90 % der Gäste relevant ist: Man verweilt entweder Montag - Freitag oder Freitag bis Montag für 3 oder 5 Tage, was auch aus der statistischen Verweildauer von 4 Tagen hervorgeht. Bei dem gigantischen Angebot hat ein Großteil der Gäste in der kurzen Zeit gar nicht den Willen, außerhalb der Anlage sich zu betätigen. Bei Pauschalbuchungen versucht man ja, das bezahlte Angebot möglichst umfassend zu nutzen. Die Verpflegung wird häufig von zuhause mitgebracht.
Die Zahl externer wirtschaftlicher Profiteure dürfte überschaubar bleiben: Eine neue Ortschaft mit kompletter Infrastruktur im Wald bedeutet selbstverständlich Verschleiß und Unterhalt, so dass in gewissem Maß Handwerksaufträge zu erwarten sind. Ebenso dürfte sich im Gesundheits-, Wellness- und Fitnessbereich etwas Potenzial ergeben. Die lt. FLZ vom 06.05.09 vom Kreis-Wirtschaftsreferenten erwarteten 800 zusätzlichen Arbeitsplätze außerhalb der Anlage sind eher Ausdruck von Wunschdenken als von Realität.
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Fragwürdige Folgeinvestitionen
Es wird auch immer mit Folgeinvestitionen gelockt, die ein solcher „Besuchermagnet" nach sich ziehen würde. In Bispingen in der Lüneburger Heide sind diese ökologisch noch fragwürdiger als der Center Parc selbst: So wurde z. B. ein „Snowdome" errichtet, also eine geschlossene, mehrere hundert Meter lange riesige Halle mit Kunstschnee zum Alpin-Skifahren in der norddeutschen Tiefebene. Eine extrem klimaschädliche Einrichtung. Auch der weitere „Leuchtturm" dort, eine Kart-Rennbahn von Ralf Schuhmacher forciert die Entwicklung dort in eine ganz andere Richtung als bisher: Weg vom sanften Heidetourismus, hin zu touristischen Konsumfabriken. Wollen wir das in unserer Heide auch?
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Touristische Auswirkungen
Center Parcs strebt in der Heide 1 Mio. Übernachtungen jährlich an. Es mag sein, dass diese dem vorhandenen Beherbergungsgewerbe kaum Gäste abziehen, weil es eine andere Zielgruppe ist. Sehr wohl ist aber zu erwarten, dass bisherige „sanfte" Gäste zukünftig um die Region einen Bogen machen werden, wenn das „Kapital Landschaft" für eine Tourismus-Industrieanlage geopfert wurde.
Verlieren wird aber zwangsläufig der Tourismus im beabsichtigen Einzugsgebiet, also im ganzen süddeutschen Raum. Durch die Errichtung einer derartigen Anlage wird der touristische Kuchen nicht größer. Kein potenzieller Kunde hat deswegen mehr Geld oder Urlaub zur Verfügung. Die von Center Parcs angestrebten 1 Mio. Übernachtungen/Jahr werden im Beherbergungsgewerbe und der Gastronomie des Kundeneinzugsgebietes fehlen. Der entgangenen Umsatz wird dort Arbeitsplätze kosten - am Altmühlsee, auf der Frankenhöhe, im Bay. Wald, im Schwarzwald - überall. Mit einer derartigen Anlage wird auch im Tourismus eine Negativentwicklung, nämlich weg vom regionalen Fachbetrieb hin zum Tourismus-Discounter, forciert. Dass ein solcher konzernfinanzierter Anlagenbetreiber mit Komplettangebot z. B. einem Ferien-Bauernhof überlegen ist, liegt auf der Hand. Sollte das gigantische Vorhaben genehmigt werden, hätte die Politik ein weiteres mal versagt.
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Regionale Wertschöpfung ?
Unabhängig von der Erhaltung der Heide wäre durch einen gezielten Ausbau des sanften Tourismus die regionale Wertschöpfung unterm Strich eher größer. Ein solcher brächte natürlich keine Million an Übernachtungen. Aber: Durch bescheidene Steigerung der Übernachtungszahlen werden Familienarbeitsplätze in der Region geschaffen, die hier Steuern bezahlen und weiter investieren. Bei den baulichen Investitionen wird nicht nur vorhandene Bausubstanz genutzt/modernisiert/maßvoll erweitert, und zwar nicht im grünen Wald sondern in fränkischen Ortschaften. Von den Investitionen würde zu fast 100 % die regionale Wirtschaft profitieren, die auch hier ihre Unternehmenssteuern zahlt.
Bei einem Center Parcs-Bau profitiert, wie an anderer Stelle geschildert, die regionale Wirtschaft kaum. Insbesondere ist es bei Konzernen üblich, dass die Gewinne/Verluste der einzelnen Firmengruppen gegengerechnet werden. Die verbleibenden Unternehmenssteuern - wenn welche bleiben - zahlt der Konzern dann in der Regel an seinem Hauptsitz. Bei Pierre & Vacances wäre das Paris.
Das Argument, die subtropische Kunst-Badelandschaft trage zur Stärkung des Altmühlsee-Tourismus in Schlechtwetterperioden bei, ist eher kontraproduktiv: Vielmehr ist zu befürchten, dass durch dieses deutlich attraktivere Erlebnisbad-Angebot die vorhandenen kommunalen Angebote, z. B. in Ansbach und Gunzenhausen geschwächt würden. Die liegt auf der Hand, da auch Einheimische das "Aquamundo" nutzen würden, wohingegen die Centerparc-Besucher wohl kaum die umliegenden Bäder besuchen würden. Deren Defizite werden zu Lasten der Steuerzahler steigen und damit sozialisiert, die Gewinne werden via Großkonzern privatisiert.
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